Die Humboldt-Brüder - Biografien von Wilhelm und Alexander von Humboldt

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Bild links: Alexander von Humboldt - Andrea Wulf; erschienen 11.10.2016 C. Bertelsmann, Seitenanzahl Printversion 560
Bild rechts: Wilhelm von Humboldt - Lothar Gall; erschienen 10.10.2011 Propyläen, Seitenanzahl Printversion 443 


Alexander und Wilhelm von Humboldt haben für die Wissenschaft in Deutschland und in der Welt einen nicht zu überschätzenden Beitrag geleistet. Jeder auf seinem Gebiet, der eine in der Naturwissenschaft und der wissenschaftlichen Vernetzung von Forschern und der andere in dem Ideal der Bildung des Menschen und dem fortschrittlichen Aufbau der Universitäten. Daher stelle ich an dieser Stelle beide anhand von ebenfalls sehr lesenswerten Biografien vor.

Alexander von Humboldt, oder Indiana Jones in Südamerika
Man kann es nicht anders sagen, als dass Alexander von Humboldt ein wagemutiger (verrückter ;-) ) Abenteurer war. Schon früh wollte Alexander den berühmten Seefahrern nacheifern und Forschungsreisen unternehmen. Nach dem Tod der gemeinsamen Mutter, die solche Unterfangen bisher vereitelte, waren durch ihren Tod dann genügend finanzielle Mittel vorhanden und der Einfluss von ihr war verschwunden. So konnte Alexander schnell Vorbereitungen treffen um dann seine berühmte Seefahrt nach Südamerika zu beginnen. Nur durch seine sehr gute körperliche Konstitution war es ihm möglich, so viele Erkenntnisse zu sammeln. Er kämpfte sich mit seinen Begleitern durch den tropischen Regenwald mit samt dem drückenden klimatischen Bedingungen, sammelte unzählige Proben von Pflanzen und untersuchte Tiere (dabei war auch unfreiwilligerweise ein wildes Krokodil, vor dem sie fliehen mussten), bestieg mehrere tausend Meter hohe Gipfel (dabei teilweise auch mit kaputten Schuhwerk oder auch zeitweise barfuß!) und hatte dabei stets seine Messinstrumente dabei. Keine Herausforderung schien ihm zu viel. Dabei zog er zur damaligen Zeit als erster Schlüsse über globale Zusammenhänge beim Wetter, Klima und der Umwelt. Er konnte den menschlichen Einfluss und die Schäden dadurch auf die Umwelt nachweisen. Durch seine Vergleiche mit der europäischen Flora und Fauna konnte er Gemeinsamkeiten bei ähnlichen Höhenlagen entdecken (das brachte ihn später auf die Idee der Isomere; das sind die Bereiche auf der Erde, welche die gleichen klimatischen Bedingungen besitzen).
Durch seine Forschungsreisen und seine einnehmende Art wurde Alexander von Humboldt zu Lebzeiten der berühmteste Naturforscher und Wissenschaftler aus Deutschland. Sein Name war und ist noch auf der ganzen Welt (vor allem in Südamerika) jedem bekannt. Sein Ruhm verschaffte ihm die Möglichkeit ein internationales Netzwerk mit Wissenschaftlern aus vielen verschiedenen Forschungsgebieten aufzubauen. Er tauschte sich mit tausenden Briefen ständig mit ihnen aus um aktuelle Forschungen voranzutreiben. In späteren Jahren hat er dann versucht, sämtliche Erkenntnisse in einem Buch, genannt "Kosmos", zu vereinen. Daran hat er sein Leben lang noch weitergearbeitet, aber es war eine nicht zu lösende Aufgabe, da er ständig neue Erkenntnisse von Wissenschaftlern, mit denen er korrespondierte, einarbeiten musste und sich das Wissen ständig erweitert hatte. Die veröffentlichten Bände wurden aber zu weltweiten Bestsellern.

Wilhelm von Humboldt - Ein Leben ganz für die Bildung des Selbst
Wilhelm war auf ganz anderem Felde als Alexander aktiv, hat aber ebenso einen bleibenden Eindruck in der Wissenschaft hinterlassen. Zunächst stellte der Tod der gemeinsamen Mutter das gleiche befreiende Element der Brüder dar. Denn durch die materielle Unabhängigkeit, war es beiden vergönnt, ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Er wollte, anders als Alexander, keine Entdeckungsreisen unternehmen, noch wollte er vorerst in den Staatsdienst (hierfür gab es für ihn gute Angebote, weil die Familie gut angesehen war) sondern er konnte sich ganz frei auf seine eigenen Interessen konzentrieren und war ganz auf sich selbst ausgerichtet. Ganz nach dem Vorbild der Antike wollte er durch Bildung das ganze Potenzial seiner Selbst zum Vorschein bringen und so seinem "Bildungsideal" entsprechen. Das hieß, er lebte so für sich hin (das auch sehr ausschweifend), dabei aber nicht isoliert sondern auch in angesagten Kreisen und konnte so für sich studieren was er wollte, also ein Leben ohne Sorgen, das heutzutage auch nicht selbstverständlich ist.
Unterschiede bei den Brüdern zeigten sich auch im Liebesleben. Wilhelm war verheiratet und lebte in einer "freien Ehe", also mit vielen Affären, die der Ehefrau auch bekannt waren! Er hatte aber mit seiner Frau auch zahlreiche Kinder.
Auf Dauer war der Lebensstil von Wilhelm und die Versorgung der Familie recht kostspielig und dies war einer der ausschlaggebenden Punkte, dass er letztendlich einem Gesuch im Staatsdienst nachgab und nach einem Posten als Gesandter in Rom (ohne wirklich viel Zeit mit Arbeiten zu verbringen) in die Sektion des "Kultus und des öffentlichen Unterrichts" als dessen Leiter wechselte. In seiner nur einjährigen Arbeit für diese Sektion hat er, vor allem auch durch seine liberale Grundhaltung, einige wegweisende Reformen vorangebracht. Eine Neugestaltung erfolgte durch sein neu konzipiertes (weitgehend bis heute noch existierendes) dreistufiges Schulsystem von Elementarschule, normalen Schulunterricht und dem Unterricht an der Hochschule, welches allgemeiner und breiter gefächert war, als die damals meist nur für die berufliche Bildung vorhandenen Schulformen. Die weitaus bekanntere Leistung, die heute mit dem "humboldtschen Bildungsideal" umschrieben wird, war die gleichmäßige Verteilung von Lehre und Forschung an den Universitäten. Bis zu dieser Zeit waren Universitäten eigentlich nur einfache Lehreinrichtungen und die Forschung erfolgte meist nur in hiervon getrennten Akademien. Bei der durch Initiative Humboldts neu gegründeten Universität zu Berlin (heute Humboldt-Universität zu Berlin in Ehren von Wilhelm von Humboldt) wurde die damals noch unabhängige Akademie in die Universität integriert und damit gewährleistet, dass die forschenden Wissenschaftler ebenso Lehrtätigkeiten übernehmen sollen um die neuesten Erkenntnisse auch den Studenten zu vermitteln.
Nach seinem Rücktritt aus der Sektion (er hatte eigentlich Ambitionen für einen Ministerposten gehabt, aber vergeblich) war er später noch mal in einer wichtigen Diplomatenrolle tätig, nämlich hat er für Preußen beim Wiener Kongress verhandelt (dabei hat er aber nicht immer die genaue Weisung vom König und seinen Vorgesetzten eingehalten und deshalb wurde er später abgelöst - er war wohl zu liberal ;-) ).
Bekannt ist er bis heute auch für seine späteren Studien in der vergleichenden Sprachwissenschaft.

Fazit
Es lohnt sich also die beiden Biografien zu lesen, denn man erfährt auch viel über die damalige Zeit (z.B. auch die Politik in Preußen) und die doch recht berühmten Bekanntschaften beider Humboldts, z.B. waren sie gute Freunde von Goethe und Schiller. 

Also eine klare Empfehlung!

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